Talamun, das kleine, dicke Nilpferd

 

An einem großen See, mitten in Afrika, lebte das Nilpferdmädchen Talamun.  Es lag  im wundervoll kühlen Wasser. Nur die Nase, die Augen und die Ohren schauten heraus.

 

Die Sonne brannte heiß vom Himmel. Alle Tiere der weiten Savanne kamen, um sich abzukühlen und Schatten zu finden unter den großen Bäumen am Rande des Sees.

 

Von ihrem geschützten Platz aus konnte Talamun alle Tiere beobachten – die so schön gestreiften Zebras, die so erhaben wandelnden Giraffen, die königlichen Löwen, die würdevollen Elefanten, die schnellen, geschmeidigen Antilopen, die eleganten, rosafarbenen Flamingos.

 

Talamun war traurig! Sie wälzte sich heraus aus dem Wasser, um sich ein wenig in der Sonne aufzuwärmen. Dabei beugte sie sich zum Wasserspiegel herunter und betrachtete ihr Spiegelbild im Blau des Sees. „Wie hässlich ich bin“, dachte sie, „plump, grau und dick! Alle anderen Tiere sind so fein, so schlank, so farbig.“ Sie seufzte schwer!

 

Sie ließ sich wieder ins Wasser gleiten und schwamm ein wenig fort von den anderen Nilpferden. Sie wollte allein sein.

Plötzlich hielt sie inne, hob den Kopf aus dem Wasser und starrte hinüber zum jenseitigen Ufer.

 

Da sah sie ein wunderschönes Bild, - eine riesige Schar rosafarbener Flamingos. Sie wateten langsam und elegant am Rande des Wassers. „Wie schön sie sind“, dachte Talamun. „So schlank, so zart, so weiß und rosa. Wie plump bin ich dagegen!“ Die Tränen traten ihr in die Augen.

 

„Ich will auch so elegant sein, ich möchte auch auf einem Bein stehen können! Vielleicht, - wenn ich Ballettunterricht nehme und tanzen lerne, vielleicht sehe ich dann auch so aus wie die Flamingos!“ Bei diesem Gedanken begannen ihre Augen zu strahlen. Voller Eifer überlegte sie, wie sie ihren Wunsch Wirklichkeit werden lassen konnte.

 

Auf der anderen Seite des Sees sah sie einige Strauße. Die tanzten, drehten sich im Kreis, führten Pirouetten auf. Es war ein lustiges Bild!

„Die können mir helfen.  Schön sind sie auch nicht gerade, aber tanzen, ja, das können sie!“, sprach Talamun zu sich und schwamm quer über den See zu ihnen hin.

 

Sie kletterte mühsam aus dem Wasser – das Ufer war recht steil – und trabte zu einer älteren Straußenfrau.

„Bitte, bring mir das Tanzen bei“, sagte sie. Die Straußenfrau sah äußerst erstaunt aus. Viel anfangen konnte sie sich nicht mit diesem merkwürdigen Wunsch. „Nun gut, wenn Du unbedingt willst“, antwortete sie.

 

Sie spreizte ein Bein nach rechts und beugte den Kopf nach links, sie spreizte ein Bein nach links und beugte den Kopf nach rechts. Es war eine Pracht. Und Talamun war begeistert!

 

„Vielen Dank“, lächelte sie, verabschiedete sich und verschwand im Wasser. So schnell sie konnte schwamm sie zu einem geheimen Plätzchen, wo niemand sie beobachten konnte.

 

Nun schloss sie die Augen. Sie stellte sich vor, dass sie ein rosa Ballettkleidchen anhabe und – tanzte! Sie drehte sich nach rechts, sie drehte sich nach links. Es ging ganz gut! Nun das Ganze etwas schneller. Es machte Spaß!

„Jetzt auf einem Bein!“, dachte Talamun und sprang mit aller Kraft hoch. Einen kurzen Moment stand sie in der Luft – dann tat es einen Schlag – rums! Und sie war auf ihren dicken, breiten Kopf gefallen! Uiii, das tat weh! Ganz schwindelig war ihr, alles drehte sich im Kreis.

 

Langsam rappelte sich Talamun wieder auf. Mit schmerzendem Kopf ging sie traurig zum Wasser und versteckte sich dabei tief im Schilf. Nur ihre Ohren und ihre Nase schauten noch heraus. Tief enttäuscht murmelte sie:„Nie lerne ich Ballettanzen! Zu plump bin ich und zu schwer.“

 

Ein wenig später kam ein kecker, schmaler Schilfrohrvogel angeflogen.

„Hallo, kleines Nilpferd“, sagte er. „Gut hast Du Dich versteckt, aber gefunden habe ich Dich trotzdem. Wie gut Du es hast bei dieser Hitze in dem schönen, kühlen Wasser. Ich beneide Dich. Darf ich ein bisschen auf Deinem kühlen Rücken laufen?“ Talamun war erstaunt, kam ein wenig aus dem Wasser und ließ den Vogel auf ihrem Rücken laufen.

 

„Du siehst traurig aus“, piepste der Vogel  mitfühlend. „Bist Du einsam? Lass uns doch ein wenig zu den anderen Tieren schwimmen.“ Talamun schwieg immer noch, aber sie gehorchte und schwamm aus dem Schilf heraus.

 

Am Ufer sahen sie ein kleines Zebra stehen. „Hallo Nilpferd“, rief es herüber zu Talamun. „Wie ich Dich beneide. Du kannst so tief tauchen, Du hast es gut!

 

Nebenan stand eine junge Giraffe, die ihre Vorderbeine weit gespreizt hatte, um ihren langen Hals bis zum Wasser beugen zu können. „Hallo Nilpferd, wie ich Dich beneide! Du hast so starke Zähne. Die anderen Tiere haben Respekt vor Dir. Du hast es gut.“

 

Im Wasser tummelten sich einige Elefantenbabys. „Hallo Nilpferd, “ rief eines. „Wie ich Dich beneide!“ Du kannst so flink und schwerelos im See schwimmen. Du hast so glänzende und geschmeidige Haut!“

 

Da stieg Talamun aus dem Wasser, schaute ganz erstaunt um sich und fragte:“Ja, findet ihr mich denn gar nicht hässlich und plump?“

 

„Wie kommst Du denn auf diese Gedanken?“, fragte eine kleine, schlanke Antilope. „Ich finde dich sanft, rundlich, gemütlich und liebenswert. Du tust keinem Tier etwas zuleide. Mit Dir würde ich gern befreundet sein!“

 

Und eine kleine Flamingodame, die zart und rosa heran geschwebt war, sagte: „Hallo Nilpferd, wie ich Dich beneide! Du bist so stark, Deine Haut ist so dick. Sie schützt Dich und niemand kann Dir etwas tun!“

 

Da war Talamun sehr, sehr glücklich.

„Sie finden mich gar nicht plump und hässlich! Sie mögen mich!  „Ich mag Euch auch!“, rief sie den Tieren zu. „Mein Name ist Talamun! Kommt doch mit ins Wasser!“

Das ließen sich die kleinen Elefanten nicht zweimal sagen und stürzten sich mit lautem Trompeten neben Talamun in  den flachen See. Sofort spritzten sie die anderen Tiere nass und tollten mit Talamun herum. Und die anderen standen lachend am Rande und freuten sich mit ihnen.

 

Spät am Abend, als alles ruhig geworden war und die Sonne rotglühend unterging, ließ sich Talamun ins Wasser fallen und tauchte bis zum Grunde des Sees. Und hier tanzte sie nun das schönste Ballett. Sie drehte sich rechts und links herum, tauchte kopfüber, kopfunter, tanzte auf Spitze, schwamm rauf und runter und im Kreis.

Und sie war das glücklichste Nilpferd, das man sich denken kann!

 

 

 

 

 

 
 
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